Produzent Robert Bartha
Mit Wladimir Klitschko im Boxring
Musikproduzent und Mallorca-Auswanderer Robert Bartha hat den Dreh schon lange raus. Er komponierte nicht nur die Hymne von Boxweltmeister Wladimir Klitschko, sondern stürmt bis heute die Charts verschiedenster Musikrichtungen.
Wer sich einen erfolgreichen Musikproduzenten als kaugummikauenden Mann mit Goldkettchen und Gel im Haar vorstellt, der wird eines Besseren belehrt, wenn er auf Robert Bartha trifft. Der 51-Jährige, der locker zehn Jahre jünger erscheint und auf Mallorca lebt, ist fest im deutschen Musikbusiness verankert, hat eine ansehnliche Sammlung an Preisen angehäuft – und ist eine durch und durch angenehme Erscheinung. Leichtes Sommerhemd, Jeans, geflochtenes Lederarmband, jugendliches Grinsen, offener Blick – Bartha erinnert eher an einen Hippie als einen Geschäftsmann, von Arroganz oder Hochmut keine Spur.
Nicht dass Bartha, der seit gut drei Jahren fest auf einer Finca bei Llucmajor lebt, nicht von seinen Qualitäten als Musiker überzeugt wäre. „Ich wusste, ich schaffe es“, sagt er zu seinem Erfolg, der sich auch wirtschaftlich auszahlt. „Auch wenn meine Eltern davon anfangs weniger überzeugt waren.“ Als Sohn ungarischer Einwanderer wuchs er in Bergisch Gladbach auf, und begann erst relativ spät – mit 15 Jahren – sein erstes Instrument zu lernen. „Ein Kumpel aus der Schule hatte eine E-Orgel, das war ein tolles Spielzeug. Da habe ich gesagt: Das will ich auch. Irgendwann hatte ich eine unterm Weihnachtsbaum.“ Bartha nahm Gruppenunterricht. „Nach zwei Jahren hat mein Lehrer zu mir gesagt, er könne mir nichts mehr beibringen, später habe ich ihm dann Unterricht gegeben.“ An der Musikhochschule in Köln vertiefte er sein Können.
Nichtsdestotrotz absolvierte er auf Anraten seiner Eltern hin eine Ausbildung als Industriekaufmann, „um etwas Anständiges in der Tasche zu haben“, sagt Bartha und muss schmunzeln. Wenige Wochen nach Ausbildungsbeginn, erinnert er sich, fragte eine E-Orgelfirma an, ob er nicht eine sechswöchige Europatournee machen wolle, als Ersatz für einen erkrankten Organisten. „Meine Chefin hat mir tatsächlich unbezahlten Urlaub gegeben, und ich durfte losziehen. Es war fantastisch.“ Zwar schloss Bartha seine Ausbildung ab, wusste aber an seinem letzten Tag genau: Büroarbeit ist nicht seine Welt. Und so suchte er sich Auftritte, zumeist als Solokünstler.„Die ersten fünf Jahre waren schwierig, aber ich war mir so sicher, dass es funktionieren wird und mir war es ohnehin nie wichtig, viel Geld zu verdienen. Die Hauptsache ist die Musik.“ Und tatsächlich: Er ergatterte Auftritte im WDR, bei RTL, schaffte es in die „Bild-Zeitung und langsam kamen die Aufträge von allein herein. „Ich merkte, dass E-Orgel allein doch nicht reicht, aber ich hatte einen kleinen Ataricomputer, mit dem ich Sounds kreierte, und meine Freunde waren immer begeistert. So fing ich an, parallel auch Musik für andere zu produzieren.“ Bartha richtete sich ein eigenes Studio ein und fuhr nun zweigleisig. „Mit Künstlern Musik zu erschaffen und zudem bei Auftritten Menschen mit meiner Musik zu begeistern, ist das, was mir bis heute so gefällt.“
1992 startete er mit seinem selbst komponierten Song „I Just Wanna Dance“ durch, der sich 250.000 Mal verkaufte und zum Werbesong für eine C&A-Kollektion auserwählt wurde. Fünf Jahre später gelang ihm der internationale Durchbruch als Produzent mit einem Cover des Elvis-Klassikers „In The Ghetto“, das es in über 40 Ländern in die Top 10 der Musik-Charts schaffte und Bartha Platin und mehrfaches Gold einbrachte. „Von da an war klar: Ja, es funktioniert.“ Bis heute hat Bartha Auftritte vor teils riesigem Publikum, wie im Rheinenergiestadion, der Kölnarena und – der Höhepunkt – im Boxring mit Wladimir Klitschko. „Das war 2001, ich hatte seine Hymne ,Emporio‘ komponiert, die ihn zwei Jahre auf Kämpfen begleitet hat. Bei der Uraufführung saß ich auf einer Bühne neben dem Boxring, es war unglaublich.“ Da auch der US-amerikanische Fernsehsender HBO das Event übertrug, sahen mehr als hundert Millionen Menschen Bartha in Aktion.
Mittlerweile hat Bartha eine Plattenfirma in der Schweiz („da kann ich das kaufmännische Wissen doch noch einbringen“). Am liebsten ist er jedoch in seinem kleinen Aufnahmestudio mit mallorquinischen Dachbalken, das in einem alten Häuschen neben seiner Finca untergebracht ist. Der Antrieb sei immer und ausschließlich der Spaß an seinem Tun gewesen. „Es ist meine absolute Leidenschaft, ich würde nie meine Seele verkaufen, indem ich Musik produziere, die mir keinen Spaß macht.“
Wobei Barthas musikalische Bandbreite nicht gerade klein ist: Von Musicals über Jazz bis hin zur Klassik oder Popmusik reicht sein Repertoire. „Es gab für mich immer nur ein No-Go, und das waren Schlager. Bis vor zwei Jahren habe ich mich daran gehalten, aber dann lernte ich den jungen Schlagersänger Roman Neyer kennen und er hat mich angesteckt. Einfach, weil er mich an mich selbst in jüngeren Jahren erinnert hat. Er brennt für die Musik.“ Seitdem versuche Bartha, Schlager auf eine anspruchsvollere musikalische Ebene zu bringen. „Und obwohl es mir keiner meiner Freunde glaubt: Dass ich zum Schlager gefunden habe, hat nichts mit Mallorca zu tun“, sagt Bartha und grinst.
Die Fähigkeit, umdenken zu können und offen für Neues zu sein, rettete ihn auch über die Krise der Plattenindustrie, als Mitte der 2000er die illegalen Internetstreams die Überhand gewannen. Statt auf CD-Verkauf setzte Bartha auf Werbe- und Filmmusik, schaffte es sogar in Hollywood-Filme.
Nur Zeitdruck mag der 51-Jährige nicht, ebenso wenig wie immer die gleiche Routine. Bloß gut, dass er vor der Corona-Krise Kontakt zu einem mallorquinisch-französischen Pärchen aufgenommen und so ein weiteres Musikfeld für sich entdeckte: Mantras für die Yoga-Szene. Er brachte das Duo „sunni.ai“ in zehn Ländern in die New-Age-Charts. „Auf Mallorca gibt es teilweise Weltklasse-Musiker, das habe ich in Deutschland so nicht gesehen. Vielleicht mache ich ja irgendwann einmal ein Inselcasting.“