Von der Nordsee ans Mittelmeer

Auswandern mit 70 in Corona-Zeiten

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Sind mit knapp 70 Jahren noch ausgewandert: Verena und Harry Persigla. // Foto: Michael Wrobel

Verena und Harry Persigla wollen ihren Lebensabend auf Mallorca verbringen. Also beschließen sie, ihr Haus in Deutschland zu verkaufen und auf die Insel zu ziehen. Doch die Corona-Pandemie hat das nicht gerade leichter gemacht.

Es war bereits der zweite Anlauf, endlich nach Mallorca auszuwandern. Und auch diesmal schien der Umzug von Ostfriesland auf die Insel unter keinem guten Stern zu stehen. Dabei hatten es sich Verena und Harry Persigla so schön ausgemalt: Nach einem Leben in Baden-Württemberg und an der Nordsee mit viel Arbeit und persönlichen Schicksalsschlägen sollte der Lebensabend dort stattfinden, wo sie schon mehr als 20 Mal Urlaub gemacht hatten: auf ihrer Lieblingsinsel.

Mit der Mutter des ehemaligen Post-Filialleiters sollte es bereits vor vier Jahren mit Sack und Pack nach Mallorca gehen. Das Haus mit drei Wohnungen in Ostfriesland, in dem die drei lebten und dessen dritte Wohnung man mehrere Jahre lang als Ferienwohnung vermietet hatte, sollte zu einem guten Preis verkauft werden, um sich damit ein Leben unter Palmen finanzieren zu können. Parallel kauften sie ein kleines Apartment in einer Wohnanlage in Calas de Mallorca. „Da wollten wir erst mal einziehen, um dann in Ruhe nach einer größeren Wohnung zu schauen.“

Doch dann wurde die Mutter schwer krank. Mehrere Jahre musste die Seniorin gepflegt werden. Im Alter von 98 Jahren verstarb sie an Magenkrebs. „Auch in dieser Zeit hatten wir immer noch den Traum, nach Mallorca auszuwandern“, berichtet der 69-Jährige. „Aber natürlich stand für uns immer fest, dass wir uns um meine Mutter kümmern müssen.“ Die Mallorca-Pläne lagern erst einmal auf Eis.

„Nach dem Tod meiner Mutter haben wir uns dann gefragt: Wenn nicht jetzt, wann dann?“, so der gebürtige Mannheimer. Mit fast 70 Jahren wollten es die beiden noch einmal wissen und gingen im November vergangenen Jahres das Projekt Auswanderung erneut an. „Unsere Freunde haben uns für bekloppt erklärt, das in diesem Alter noch zu tun.“

Mithilfe eines Maklers war in kürzester Zeit ein Käufer für das Haus in Deutschland gefunden, und das Paar begann, erste Möbel und Habseligkeiten, die nicht mit nach Mallorca auswandern sollten, zu verkaufen. „Alles lief super“, so Verena Persigla.

Doch dann kam Corona. „Wir hatten zumindest schon einen Vorvertrag für den Hausverkauf“, so Harry Persigla. Doch wegen des Lockdowns konnten Termine mit der Bank nicht eingehalten werden, und der Verkauf des Hauses verzögerte sich immer wieder. Bei einem Vor-Ort-Termin mit einem Mitarbeiter der Bank dann der nächste Schock: Da der Gutachter nicht zur vereinbarten Zeit erschien, hakte Harry Persigla nach – und fiel ob der Antwort der Bank fast aus allen Wolken: „Man sagte uns, dass der Mitarbeiter auf dem Weg zu uns die Nachricht erhalten habe, dass er positiv auf Covid-19 getestet worden sei. Gar nicht auszudenken, wenn er die Nachricht nur wenige Minuten später erhalten hätte“, so der Auswanderer. „Schließlich zählen wir voll zur Risikogruppe.“

Ende März war der Hausverkauf dann aber endlich unter Dach und Fach. Zwischenzeitlich wurde in Spanien wegen der Corona-Pandemie aber der Alarmzustand ausgerufen. Wieder wurden die Pläne der Persiglas durchkreuzt. „Wo hätten wir denn hingesollt, nachdem das Haus verkauft war?“, so der ehemalige Postler. Sie vereinbarten mit dem Käufer, die Übergabe zu verschieben und sagten der Umzugsspedition ab. „Wir dachten, dass das alles schnell durch sein würde.“

Die Auswanderer Verena und Harry Persigla in ihrer Wohnung in Calas de Mallorca. // Foto: Michael Wrobel

Doch die Ausnahmesituation in Spanien dauerte länger als gedacht. Schließlich wurde der Verkaufstermin auf den 31. Juli terminiert, bereits am 4. August ging der Flieger nach Mallorca. Rund drei Wochen zuvor packte der Spediteur 32 Umzugskartons auf drei Europaletten. Sie sollten parallel mit der Anreise der Persiglas auf Mallorca ankommen. Da nicht alles mit auf die Paletten passte, packte das Paar noch fünf Pakete zusätzlich, die mit einem Paketdienst verschickt wurden.

Doch auch mit dem Umzugsgut hatten die beiden Senioren Pech. „Als wir nach unserer Ankunft unsere Kartons im Lager in Llucmajor abholen wollten, mussten wir feststellen, dass unsere Paletten noch immer in Deutschland waren“, sagte Harry Persigla. Die Spedition hatte angenommen, dass man die Paletten erst nach Anforderung verschicken solle. Und auch mit den Paketen, die mit der Post kommen sollte, gab es Probleme: „Heil angekommen sind lediglich drei, eins war völlig zerstört und auf das letzte warten wir noch immer“, so Verena Persigla. Ärgerlich: Ausgerechnet in diesem Paket war ihr Hochzeitsbild.

„Es sind noch so viele persönliche Dinge und wichtige Unterlagen, die noch nicht hier sind – wir sind deshalb noch gar nicht richtig angekommen“, erzählt Harry Persigla. Und auch die Tatsache, dass viele Geschäfte und Bars in der Nachbarschaft wegen der Corona-Krise geschlossen bleiben, drücke ein wenig aufs Gemüt. „Bereut haben wir die Auswanderung aber auf keinen Fall.“ Und es gibt bereits neue Pläne: Schon bald wollen die beiden sich räumlich vergrößern. Sie suchen bereits eine neue Wohnung.

Und das Paket mit dem Hochzeitsbild kommt hoffentlich auch noch an. Im kommenden Jahr feiern die beiden ihre goldene Hochzeit, dann würden sie sicher gern in Erinnerungen an alte Zeiten schwelgen.

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